– Nein! Ich kann nicht! Ich habe nicht mehr genug Kraft! – schrie ich zurück, als ob ein Unwetter herrschen würde und meine Stimme den ständigen Donner übertönen müsste.
– Du gibst mir jetzt deine linke Hand, sofort! – Die Spannung in Olis Stimme stieg weiter an.
Ich gehorchte. Er zog mich hoch, ich drehte mich um, wie eine Schraube um meine senkrechte Achse, schnappte den Schwertrand wieder mit der rechten Hand. In nächsten Moment saß ich auf dem Schwert. Wir schenkten uns gegenseitig ein Lächeln. Ein inniges Lächeln mit tiefem Vertrauen im Blick.

Oli robbte zum Bug und befestigte die Leine, die uns die Trainerin zugeworfen hatte, an die Want und setzte sich wieder neben mich ans Schwert. Das Motorboot entferne sich langsam, die Leine spannte sich an, die Jolle blieb standhaft. Noch ein Versuch unter anderem Winkel zum Boot. Dafür fuhr Steffi mit dem Motorboot etwas vorwärts und rückwärts, um auf die Position zu kommen. Die Jolle zuckte, der Motor verstummte. Die Leine hatte sich um die Boots-Schraube gewickelt. Ich fiel wieder ins Wasser. Dieses Mal versank ich tiefer, vergaß, dass ich eine Schwimmweste anhatte, fluchte mit schweren Stiefeln, ein Gedanke kam, sie von den Füßen abzustreifen, schade um das Geld, außerdem Umweltverschmutzung und im nächsten Moment erblickte ich wieder den grauen Himmel über mir.
– Nee, ich klettere nicht mehr hoch, ich habe nicht mehr genug Kraft. Steffi – rief ich Richtung Motorboot, – ich schwimme zu euch, hol mich bitte aufs Boot.
– Könntest du es versuchen, die Schraube von der Leine zu befreien? – fragte sie.
– Ich habe keine Kraft, – sagte ich, als mir die Vorteile einer Schwimmweste noch nicht richtig bekannt waren. Steffi hörte nicht zu, stattdessen drangen Fetzen ihres Telefonats an mein Ohr „Worst-Case-Szenario, gekentert, Leine, Schraube …“
– Ist der Motor aus, nicht nur vom Seil blockiert? – Ich wollte auf sichergehen, bevor ich mich an das Entwirren der Leine mache. Steffi nickte. Ich tauchte unter. Tauchen mit der Schwimmweste ist schon etwas Besonderes.

Den entscheidenden Teil der Leine, der sich doppelt zwischen zwei Metallscheiben hinter dem Propeller eingeklemmt hat, konnte Oli „herausziehen“. Er war wieder mein Held.

Die grauen Wolken hingen am Himmel. Der Wind zerzauste mein nasses Haar.
Wir saßen auf der glatten Bank des Motorbootes bibbernd vor Kälte. Ich starte stumm die Bretter auf dem Boden an, um Olis leeren Blick auszuweichen.

– Sag‘ mal, was hast du eigentlich geschrien, als die Böe uns erwischt hat? – Oli unterbrach die Stille.
– Ausreiten. – Sagte ich leise.
– Was meintest du damit?